Mit der Zusammenführung von mydays und Jochen Schweizer vereint ProSiebenSat.1 die beiden führenden Erlebnisanbieter im deutschsprachigen Raum. Unter dem Dach der Jochen Schweizer mydays Holding GmbH agieren beide Marken nun gleichberechtigt und komplementär. Jochen Schweizer, Dr. Fabian Stich und Jörg Trouvain erzählen im Interview, warum ProSiebenSat.1 der beste Eigentümer für dieses Unternehmen ist, welche Potenziale sie in der Zusammenarbeit sehen und warum das Geschäftsmodell „Erlebnisse“ erst am Anfang seiner Entwicklung steckt.
Warum passen die beiden Erlebnisanbieter mydays und Jochen Schweizer perfekt zueinander — und zu ProSiebenSat.1?
Trouvain Jochen Schweizer und mydays sind beide führende Erlebnisanbieter und doch sehr komplementär. Jede Marke hat ihren Schwerpunkt: mydays ist mit dem Slogan „Gemeinsam Zeit“ etwas weiblicher und legt den Fokus auf Geschenke. Jochen Schweizer präsentiert sich mit „Du bist, was Du erlebst“ männlicher und erlebnisorientiert. Mit der Akquisition der Erlebnismarke Jochen Schweizer haben wir nun beide Top- Player bei ProSiebenSat.1 vereint. Dadurch ergeben sich jede Menge Synergien für uns. Wir können diese emotionalen Marken mit Werbung im TV stärken, sie bekannter machen und dadurch ihre Umsätze steigern. Wir können auch beispielsweise bei anderen Erlebnisanbietern bessere Konditionen aushandeln und uns verschiedene Backoffice-Funktionen teilen. Diese Akquisition hat unsere Investmentkriterien (siehe unten) mehr als erfüllt.
Stich Bei mydays haben wir bereits eindrucksvoll bewiesen, dass die TV-Power von ProSiebenSat.1 einer Marke einen enormen Schub geben kann. Unsere Markenbekanntheit hat sich signifikant gesteigert seit das Unternehmen zu ProSiebenSat.1 gehört. Außerdem hat der Konzern mit der NuCom Group ein eigenes Commerce- Geschäft – vom Austausch mit den anderen Portfoliounternehmen profitieren wir sehr, sei es in SEO-Fragen, beim Online-Marketing oder bei der Optimierung interner Prozesse. Jede Firma hat Spezialisten, mit deren Expertise wir uns gegenseitig unterstützen.
» Die TV-Power von ProSiebenSat.1 kann einer Marke einen enormen Schub geben. «
Unsere
Investmentkriterien
Für die Auswahl von Akquisitionszielen hat ProSiebenSat.1 ein klares Set an Anforderungen definiert.
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Wachstumspotenzial
Das Unternehmen muss eine gewisse Marktgröße sowie Potenzial für strukturelles Wachstum und Profitabilität haben.
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Asset-Light-Geschäftsmodell
Das Unternehmen hat keinen großen Lagerbestand und benötigt keine Investitionen in Fabriken o.ä. Das Geschäftsmodell muss sich gut vermarkten lassen.
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Hohe TV-Affinität
Das Geschäftsmodell des Unternehmens ist B2C-fokussiert und kann von TV-Werbung profitieren, wodurch sich die Markenbekanntheit signifikant steigern lässt.
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„Local Hero“-Potenzial
Das Unternehmen ist besonders in lokalen Märkten aktiv, die nicht von globalen Playern beherrscht werden.
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Starkes Management
Das Unternehmen hat ein starkes Führungsteam mit einer Vision, die zu ProSiebenSat.1 passt.
Das klingt nach einem Dream-Team?
Trouvain Definitiv. Seit ich bei ProSiebenSat.1 bin, haben wir die Jochen Schweizer GmbH immer im Blick gehabt. Jetzt hat es geklappt.
Schweizer Genauso war es auch umgekehrt: Wir waren schon immer davon überzeugt, dass die Marken hervorragend zusammenpassen und hätten mydays damals gerne übernommen. ProSiebenSat.1 hat mydays dann 2013 gekauft. Und jetzt, wo wir unter einem Dach zusammengehen, ergeben sich automatisch die oben genannten Synergien. Beispielsweise können wir unsere Einkaufsexpertise bei Erlebnisanbietern bündeln und Zentralfunktionen wie Buchhaltung, HR, Controlling und IT zusammenlegen.
Stich Wir waren sportliche, wenn auch faire Wettbewerber, die immer sehr aufmerksam die Aktivitäten des anderen im Auge hatten. Nun können wir uns auf die gemeinsamen Chancen konzentrieren, die am Markt auf uns warten. Und die sind beachtlich.
Können Sie uns hierfür ein Beispiel nennen?
Stich Das Thema Omnichannel beziehungsweise physische Produkte ist für beide Marken strategisch sehr wichtig. Gerade im Geschenkesegment sehen wir dafür noch viel Wachstumspotenzial.
Schweizer Konkret bedeutet das: Wenn jemand beispielsweise einen Tandem-Sprung verschenkt, könnte man ihm zum Geschenkgutschein einen Rucksack im Skydiving-Design anbieten. Natürlich müsste man „This is not a parachute“ draufschreiben, damit kein Unfug damit angestellt wird (lacht).
Herr Schweizer, Sie sind Vollblutunternehmer. Was hat Sie bewogen, Ihr Erlebnisgeschäft bis auf eine Minderheit abzugeben?
Schweizer Mein Ziel war immer, dieses Unternehmen in Umsatz, Profitabilität und Markenbekanntheit zum Marktführer zu machen und zugleich einen Unternehmenswert von mindestens 100 Millionen Euro zu erwirtschaften. Ich wollte das Unternehmen im Anschluss aus der Jochen Schweizer-Gruppe herauslösen und es für weiteres Wachstum in gute Hände geben. Das alles ist mir gelungen. Gleichzeitig habe ich 17 Millionen Euro in die Jochen Schweizer mydays Holding reinvestiert. Dies zeigt das Vertrauen, das ich in das Potenzial des gemeinsamen Unternehmens habe. Sowohl für die Mitarbeiter als auch für mich als Investor ist diese Konstellation viel sinnvoller, als wenn wir einen Börsengang unternommen oder an einen Finanzinvestor verkauft hätten – auch wenn das vielleicht lukrativer gewesen wäre.
Stich Es ist ein schönes Signal, dass Jochen als Investor an Bord bleibt. Es zeigt, dass wir alle von den Zukunftsperspektiven des gemeinsamen Unternehmens überzeugt sind.
» Wir waren schon immer davon überzeugt, dass die beiden Marken hervorragend zusammenpassen. «
Wie geht es jetzt mit der Integration der Marken weiter?
Trouvain Es ist eine bewusste Entscheidung, beide Marken unterschiedlich positioniert weiterzuführen – durchaus auch im Wettbewerb zueinander. Das Geschäft mit Erlebnissen bietet uns noch verschiedenste Wachstumspotenziale: Bei mydays wollen wir zum Beispiel unser Geschenke-Portfolio ausweiten und damit die Kauffrequenz der Kunden erhöhen. Und wir wollen unser Angebot mit der Organisation von An- und Abreise sowie Übernachtung ergänzen, um komplette Erlebnisreisen verkaufen zu können. Außerdem können wir auf Basis von Kundendaten ein noch gezielteres Customer-Relationship-Management betreiben.
Stich Unser gemeinsames Ziel ist, der europäische Marktführer für Erlebnisse zu werden. Im DACH-Markt sind wir das bereits. Sowohl mydays als auch Jochen Schweizer sind dort auch als Omnichannel-Marken präsent. Kunden können unsere Angebote also online und im Einzelhandel buchen: Beide Marken arbeiten mit Handelspartnern wie Depot und Rewe zusammen. Jochen Schweizer hat zusätzlich eigene Shops in Einkaufszentren. Das ist ein starkes Fundament, auf dem wir jedes Jahr dynamisch und profitabel wachsen und uns internationalisieren wollen.
Wie unterscheiden sich die beiden Marken?
Schweizer Beide Marken haben ein klar abgegrenztes Profil. Marken sind wie Leuchttürme – je klarer sie strahlen, desto mehr Orientierung geben sie.
Stich mydays adressiert Menschen, die mit Freunden oder Familie zusammen wertvolle Zeit verbringen möchten und dafür ein gemeinsames Erlebnis buchen. mydays-Erlebnisse werden also häufig verschenkt. Bei Jochen Schweizer hingegen geht es mehr um das Erlebnis an sich. Es ist zwar schön, wenn Freunde mitkommen, aber nicht zwingend notwendig.
» Es ist eine bewusste Entscheidung, beide Marken unterschiedlich positioniert weiterzuführen – durchaus auch im Wettbewerb zueinander. «
Haben Sie eigentlich schon einmal ein Erlebnis der jeweils anderen Marke gebucht?
Stich Ja! Ich habe vor vielen Jahren von meinen Kollegen einen Tandem-Fallschirmsprung der Marke Jochen Schweizer geschenkt bekommen. Unvergesslich. Wenn ich Kollegen von damals treffe, sprechen wir heute noch davon.
Trouvain Ich habe schon einmal bei Jochen Schweizer einen Flug im Windkanal gemacht. Ein absolut emotionales Erlebnis, das ich unbedingt wiederholen möchte. Seit das mein WhatsApp-Profilbild ist, werde ich ständig darauf angesprochen.
Schweizer Diese Anekdoten zeigen, dass Erlebnisse die nachhaltigeren Geschenke sind. Echte Erlebnisse erfüllen eine wichtige soziale Funktion in einer Zeit, in der es Menschen zusehends schwerfällt, zwischen Fiktion und Wahrheit zu unterscheiden. Durch echte Erlebnisse nimmt man sich selbst wahr. Deshalb sind mydays und Jochen Schweizer für mich Orte der Inspiration: Wir bringen Menschen dazu, sich selbst besser kennenzulernen und manchmal auch über sich hinauszuwachsen. Mein persönliches soziales Netzwerk heißt deshalb auch nicht Facebook, Twitter oder Instagram, sondern „Draußen“.
Stich Viele Menschen besitzen schon alles, was sie brauchen und vor allem vieles, was sie nicht brauchen. Wir sollten also lieber Erinnerungen sammeln und verschenken statt nur Gegenstände. Jochen Schweizer und mydays helfen dabei!